Rutenbaukurs von Rolf Baginski in Waischenfeld

Rutenbaukurs in Waischenfeld

Vor ein paar Tagen besuchte ich einen Rutenbaukurs bei Rolf Baginski in der Fränkischen Schweiz in Waischenfeld. Ich hatte kaum eine Vorstellung vom Ablauf eines Kurses, der sich um den Bau von Fliegenruten dreht, und auch das „Drumherum“ des Kurses gestaltete sich für mich als ein großes Fragezeichen, denn schließlich verbringt man knappe 5 Tage mit fremden Menschen den Großteil seiner Zeit auf engstem Raum. Rolf erwähnte gleich zu Beginn, der Kurs sei eine physische und auch psychische Gefahr für Körper und Geist – natürlich mit einem nachgeschobenen verschmitzten norddeutschen Lacher – am Ende hatte er damit aber in gewisser Weise Recht. Ich hab ganz schön was mitgenommen, im positiven Sinne.

Wie fängt man also an solch einen Kurs zu beschreiben? Wo findet sich der rote Faden, zwischen all dem stundenlangen Hobeln, dem konzentrierten Verfolgen der einzelnen Abschnitte, vom Meister sehr detailliert und mit Anekdoten aus einem reichen Erfahrungsschatz aus dem jahrzehntelangen Bau von Gespließten untermalt, den bergeweise angestauten Spähnen unterschiedlichster Dicke und Dünne und den staubigen Wolken, die im Rutenbauraum durch die Luft waberten? Zu Beginn dachte ich, ich könnte den Prozess des Rutenbaus festhalten, meine Erfahrungen dabei vielleicht Step by Step beschreiben, aber das ist am Ende nicht der Weg den Aufenthalt in Waischenfeld zu beschreiben. Es ist eher dieses gemeinsame Abtauchen in eine komplett fremde Welt, das mich sehr an diesem Kurs fasziniert hat und das ich festhalten möchte.

Über fünf Tage wurde ich rausgerissen aus meinem eher digitalen Büroalltag, ich konfrontierte mich mit dem Handwerk des Rutenbaus an sich, aber eben auch mit der Eigendynamik von Gruppenarbeit und Gruppenleben. Denn es ist schon eine Herausforderung vom ersten Kaffee am gemeinsamen Frühstückstisch über den Rutenbaukurs hinweg bis zum letzten Bier in geselliger Abendrunde mehrere Tage mit Menschen zu verbringen, die man nicht kennt. Und die alle anders, alle auf ihre Art besonders und alle vom Herzen Fliegenfischer und Naturliebhaber sind. Und so entwickelte sich über die Tage der Bearbeitung der Rute auch ein feines Geflecht an Geschichten untereinander, an Sympathien und Erfahrungsaustausch, an eben dies und jenem das innerhalb einer Gruppe entsteht, wächst und wieder verschwindet. Es hat wirklich Spaß gemacht sich mit der Bearbeitung eines Bambusspleißes auseinanderzusetzen und dabei auch immer mehr seine Gleichgesinnte kennenzulernen. Da waren zum Beispiel die Schweizer Adrian und Christoph, die mit ihrem Vater zu dritt eine Rute unter Rolfs virtuoser Anleitung bauten, das bereits im sieben Jahr in Folge. Das sich Zeit nehmen füreinander, gemeinsam etwas erschaffen, das begeisterte mich wirklich an diesem Kurs und trug uns letztlich alle mit einen ganz eigenem Thema über die fünf Tage parallel zum Rute bauen durch den Tag. Dieser Kurs ist in gewisser Weise auch ein soziales Event.

Jeden Mittag, so zwischen 12/13 Uhr und 15 Uhr, ging es zum Fliegenfischen an die Wiesent. Ein toller, klarer Fluß mit einem gepflegten Bestand an Äschen, ich hatte schöne wenn auch immer zu kurze Phasen der Fliegenfischerei dort. Na jedenfalls war ich am letzten Tag nicht ganz so glücklich, es lief nicht so richtig rund im Vergleich zu den Tagen davor, an denen ich einige Äschen und eine schöne Bachforelle fangen konnte. Eine kleine Äsche konnte ich fangen, ansonsten hatte ich weder Bisse noch war Aktivität auf dem Wasser zu erkennen, an dem ich zwei Tage zuvor innerhalb von wenigen Minuten drei Fische fing. Irgendwie leicht deprimierend, gerade am letzten Flyfishing-Tag. Ich war also auf dem Weg zurück zum Wagen, da begegnete ich Adrian der am Uferrand saß und den Fluß beobachtete. Da ich der Einzige mit einer Kohlefaserrute war – alles alte Bambus-Hasen sozusagen – inspizierte er mein Gerät, holte eine von seinem Freund Gerhardt selbstgebundene Trockenfliege, knüpfte sie an mein Vorfach und sagte in seiner gemütlichen und wissenden Art „Jetzt fangen wir einen Fisch!“. Es ist schon auch eine Frage der Präsentation, eine Forelle oder Äsche zu überlisten, aber sein Stil die Trockene auf das Wasser zu bringen war für mich Neuland – allein die Art, die Fliege vom Wasser anzuheben und wieder in die Luft zu bekommen war faszinierend, kreisrund, in Form einer Spirale hob sie vom Wasser ab, sauste still nach hinten weg und wurde so wieder in die Flugbahn befördert  –  der anschließende Wurf der folgte war auch wie aus dem Lehrbuch. Gebetsroither Stil, kannte ich bis dato nur vom Hörensagen. Und ganz unabhängig von seinen Fängen an meiner Rute in kürzester Zeit, diese kleinen gemeinsamen Momente hat man oft während des Rutenbaukurses in Waischenfeld, nicht nur beim Fischen. Aber ich möchte natürlich auch noch über den eigentlichen Rutenbau ein paar Worte loswerden.

Natürlich steht bei solch einem Kurs das Handwerk an erster Stelle, die Erschaffung der Rute ist schließlich das zentrale Element. Die Bearbeitung des Bambus vom Rohling bis zum feinsten Spleiß, der zusammen mit fünf weiteren Bambus-Spleißen den filigranen Körper der 7’6’’ langen #4/5 Rute formt, die wir (größtenteils) bauten – bei einer zweiteiligen Rute logischerweise also 12 Bambusspleiße – nahm hierbei den größten Teil der Zeit ein. Schon nach kurzer Zeit am Hobel wird klar, worin in diesem Prozess die Herausforderung besteht. Ich mach’s kurz: Der letzte Spleiß ist der Beste. Zu Beginn hat man einfach keine Vorstellung vom Hobeln und auch nicht vom Verhalten des Bambus, den es auf den kleinsten gleichseitigen Grundriss dreieckig in einer sich verjüngenden Metallform runterzuhobeln gilt. Und zwischen all dem Gehobel immer wieder kleine Zwischenschritte, hier mal schleifen, da mal im Ofen bei Temperatur x soundsoviel Minuten erhitzen…jeder einzelne Prozess besteht aus so vielen Teilschritten, wird von Tipps und Tricks von Rolf bis aufs Kleinste erläutert, es ist wirklich erstaunlich wie viele Schritte getan werden müssen, um auch nur einen Bestandteil der Rute abzuschließen.

Ich hatte keinerlei Vorwissen, ich las keine Bücher zum Thema, war einfach nur ein Gespliessten-Begeisterter, aber das so viel Know-How und Werkzeug notwendig sind, das überraschte mich dann schon. Und gerade der gezeigte Erfindungsgeist von Rolf war toll – seine Art den Bau einer Rute in allen Facetten zu veredeln ist eine Erfahrung die ich nicht missen möchte. Die Verheiratung der Bamusspleiße zum Rutenkorpus zum Beispiel…Wahnsinn. Bei diesem Schritt hielten alle im Raum den Atem an. Kein Wunder, wurde da doch die Arbeit eines ganzen Tages miteinander verbunden. Seine angewandte und von ihm erfundene Methode hierzu…ahh, es war einfach unfassbar.

Das Abziehen der Aussenhaut des geleimten und erkalteten Rutenkörpers war für mich dann die Krönung – also der Moment an dem die Maserung der Rute nach außen tritt, sich die äußeren Kraftfasern zeigen und der Gespliessten ihren einzigartigen Look geben. Ein erhabenes Gefühl, seine selbstgebaute Rute nach zwei Tagen harter Arbeit zu erblicken, ich konnte gar nicht genug mit harter Stahlwolle über die Bambusoberfläche polieren um so der Rute den letzten Schliff zu verpassen. Wie gesagt, der Kurs beinhaltete dutzende solcher Schritte, aber mehr kann und will ich eigentlich gar nicht darüber schreiben. Ich habe jetzt eine grobe Ahnung wie der Rutenbau abläuft und welche Werkzeuge, Schritte und Notwendigkeiten es benötigt eine Bambusrute zu bauen. Für mich war dieser Rutenbaukurs ein sehr ungewöhnlicher, anstrengender und erhellender Abschluß einer guten Fliegenfischen-Saison. Und wer weiß, vielleicht werde ich mal zum Wiederholungstäter und stürze mich noch einmal ins Abenteuer Rutenbau in Waischenfeld.

Achja, zu guter Letzt fehlt natürlich noch ein kurzer Satz zu meiner gebauten Rute. Denn das Bauen seiner eigenen Gespließten ist ja Bestandteil des Kurses. Nun, ich habe das gute Stück Rolf zur Veredelung überlassen. Sobald die fertige Rute bei mir eingetroffen ist werde ich sie hier mit Freude präsentieren. Vor allem aber werde ich mir gleich ein geeignetes Gewässer suchen um mit ihr zum ersten Mal zu fischen.

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