Spätsommerlicher Ausflug zum Billbach im Odenwald

Indiander- fischen im Odenwald

Dieses Wochenende ging es mit meinem Kumpel Stephen in den Odenwald, zur Strecke des Angelsportverein Amorbach 1976 e.V., die drei Bäche Billbach, Mud und Saubach befischen. Unser Zielort mit einer Entfernung von ca 110 Kilometern zu Mainz ist eines der nächsten potentiellen Fliegenfischer-Gewässer und steht schon recht lange auf meiner Liste. Die Karten dafür gibt es beim Angelbär in Frankfurt und können bequem online bestellt werden. Da nur drei Tageskarten pro Tag ausgegeben werden, macht es durchaus Sinn, den Trip zum Amorbach etwas im Voraus zu planen. Gegen Ende der Saison scheint es aber auch kurzfristig möglich an Tageskarten zu kommen, wir haben unsere Karten jedenfalls zwei Wochen vorher angefragt. Das sah im April noch anders aus: Hier war die Strecke für ca 4-5 Wochen komplett ausgebucht, zumindest an den Wochenenden.

Sechs Uhr morgens ging es los. Nach etwas über einer Stunde Fahrt vom Mainzer Hbf standen wir vorm Edeka-Markt in Amorbach, nach gemütlichen Coffee to go und belegtem Brötchen folgte dann die Wandlung zum Fliegenfischer. Es ist immer recht ungewöhnlich wenn dies nicht auf einem abgelegen Feldweg, sondern wie in Amorbach auf einem Parkplatz in einem Gewerbepark passiert, der Billbach floss gerade mal einen Steinwurf an unserem Standort vorbei. Während die Menschen um uns herum ihre alltäglichen Einkäufe erledigten, bauten wir unsere Fliegenruten zusammen, zogen uns bis auf die Boxershorts aus und schlüpften in die Wathose. Trotz dem heissen Wetter unabdingbar, denn die klassische Ufervegetation und stechende Insekten machen es unmöglich, solch ein Gewässer mit kurzen Hosen zu befischen.

die Natur an Mud, Billbach und Saubach

Wir entschieden uns am Billbach zu beginnen, der vom Startpunkt aus betrachtet ca 1200 Meter Fließstrecke bis zur Mündung in die Mud aufweist, den größten der drei Bäche. Die kurze #3er Rute kam zum Einsatz, ein klarer Vorteil an solch kleinen „Indianergewässern“ mit starkem Uferbewuchs, da nach oben, nach hinten und zur Seite eigentlich kaum Platz zum Werfen ist und dieser Gewässer-Typ auch keine 15-20 Meter Würfe erfordert bzw. ermöglicht. Filigranes Fischen ist hier angesagt, 12er Vorfach und meist kleine Fliegenmuster kamen zum Einsatz.

Ein erster Blick ins Wasser zeigte eine leicht braune Färbung in flachem Wasser trotz Trockenheit, zwei Fische, vermutlich Döbel, standen regungslos in schwach fliessendem Wasser direkt unter der Brücke, unserem ersten Aussichtspunkt auf den Bach. Um erstmal etwas der Zivilisation zu entfliehen marschierten wir 20 Minuten flussabwärts, Kollege Stephen entschwand irgendwo am Bach, nach zwei Minuten flussabwärts fand ich einen urig aussehenden Abschnitt, in dem der Lauf des Billbachs eine kurze Kurve beschrieb. Ich schlich mich ans Ufer – der Bach hatte zwar hier eine wirklich harte Trübung was letztlich bedeutet dass die vielleicht dort stehende Forelle mich nicht unbedingt gut sehen kann, aber man weiss ja nie. Während meines letzten Trips an die Murg hatte ich wirklich genug flüchtende Fische gesehen, das musste ich nicht fortsetzen. Also wohl fischen im Indianderstil. Ich knotete eine Trockene an, da wir unterwegs schon einige Fische stiegen sahen und mein erster Griff meistens zur Trockenfliegenbox tendiert. Es wurde eine kleine braune Pheasant Tail gewählt, vermutlich auf 14er / 15er Haken. Kleinere Trockenfliegen hab ich nicht und als Faustregel (weiss gar nicht ob die so stimmt) hab ich immer „Tippetstärke x 3“ im Hinterkopf. Bei einem 6X Tippet also eine Fliege um die Größe 18. Letztlich hatte ich Glück, denn tatsächlich fischte ich die kleine Fliege erstmal stehend etwas unbeholfen flussaufwärts und blieb irgendwo im Geäst hängen, als ein schöner Platscher, ca 8-10 Meter flussabwärts den Standplatz einer Forelle verriet. Das sind Momente des Fliegenfischens, in denen selbst das kleinste Gewässer hochspannend wird und Konzentration einkehrt. Eine geeignete Wurfposition zum Standplatz war eigentlich nur aus der Hocke zu finden, also ab auf die Knie in den schlammigen Untergrund. Hab dieses Jahr schon ein paarmal die Indianderfischerei mitgemacht und konnte mich meist nicht mit dieser Fischerei anfreunden, aber das hier machte auf Anhieb Spaß. Vielleicht auch weil mir meine kleine #3er immer vertrauter wird, das Werfen besser klappte als sonst und ich nicht eine Fliege an Bäume oder Sträucher verlor. Aber zurück zum Fisch: Ich versuchte die Fliege immer mit ausreichend Schnur auf dem Wasser so zwei, drei Meter vor dem Standplatz zu platzieren, damit sie gemächlich am Fisch vorbeitreiben konnte. Das Spannende hier war sicher die Fließgeschwindigkeit des Billbachs, fast stehend trieb die Fliege Zentimeter für Zentimeter ganz langsam abwärts. Zeitlupenfischen – auch nachdem die Fliege ohne Reaktion des Fischs vorbeigetrieben ist, musste man sich beim zurückziehen der Schnur Zeit nehmen, um die Ruhe des Baches nicht zu stören. Die kleine Pheasant Tail tanzte so drei, viermal an dem Unterstand vorbei, als die Forelle sie schließlich mit einem dicken ‚Gulp‘ einschlürfte. Kein kleiner Fisch, ein wunderschöner Milchner mit dem Ansatz eines Laichhakens, landete nach kurzem Drill im Kescher, ein guter Auftakt muss ich sagen.

Ein kleiner Laichhaken ist zu erkennen

Die zweite Forelle des Tages, wunderschöner Fisch

Charakterkopf

Nachmittagsfang auf Trockene

Der nächste Wurf brachte Erfolg

Zu guter Letzt ein schöner Döbel

Es folgte eine Stunde der Orientierung, die letzten Meter bis zur Mündung in den nächsten Bach wurden zurückgelegt und schließlich die Mud, etwa eineinhalb Mal so breit wie der Billbach, erreicht. In Struktur und Bodenbeschaffenheit ähnlich schlammig, gestaltete sich die Mud flussabwärts jedoch schwieriger zu begehen, da die Natur um die Mud herum sehr stark und dicht bewachsen ist und zudem noch umzäunte Flächen das Ablaufen beschweren. So blieb uns nur der Gang am unmittelbaren Ufer entlang, um uns fortzubewegen. Im Wechsel überholten wir uns gegenseitig und befischten einige Stellen, ich verlor jedoch die anfängliche Konzentration. Zwar hatte ich zwei Kontakte, konnte aber keine Forelle mehr von meiner Fliege überzeugen und war wohl auch etwas zu laut bzw. erzeugte zu viel Bewegung auf dem Wasser, ein vielversprechender Abschnitt mit sicher vier steigenden Fischen auf ca 10 Meter Fließstrecke war nach 15 Minuten des Abfischens totenstill. Ich steckte mir also bei der nächsten interessanten Stelle wieder die imaginäre Indianderfeder in den Hut und kniete mich an einen ausladenden Pool in wenige Zentimeter Wassertiefe und montierte um. Der Pool schien recht tief und war umsäumt von überhängenden Bäumen, etwas konträr laufende Strömungen liessen die Partikel auf der Wasseroberfläche im Kreise am Ufer lang treiben, bis sie von der Hauptströmung mitgenommen wurden. Dasselbe Spiel wie ca eine Stunde zuvor, ein steigender Fisch offenbarte sein Revier und nahm meine Fliege, diesmal eine Ameise, nach ein paar Runden im Kreisel der Strömung. Es folgte ein längerer Fight an der #3er, der Fisch schoss zweimal direkt an mir vorbei und verschwand dann wieder im tiefen Wasser des Pools. Noch eine Nummer größer als die vorherige Billbach -Forelle, hatte auch dieser Fisch eine wunderschöne Zeichnung und einen makellosen Körperbau. Stephen, ein paar Meter hinter mir, hatte an der Stelle auch Erfolg und ich konnte ihn beim Drill einer schönen Bachforelle zuschauen. Überhaupt ist dieser Typ mit seiner Gespliessten für mich ein guter Lehrmeister, seine Rollwürfe sind unglaublich gut und eine Augenweide. Vollblut-Fischer halt, ich hab’s schon mehr als einmal erlebt dass er, immer zuerst im Wasser, mit dem ersten Wurf einen Fisch mit seinem Muster überzeugen konnte. An der Sinn, am Pommernbach und schließlich auch hier am Billbach, Wurf = Fisch. Irgendwas mach ich falsch. ;-) Ganz im Indianerfischen verhaftet, wurden wir schließlich weitere 50 Meter flussabwärts von Ureinwohnern mit Pfeil und Bogen verjagt, so dass wir uns zur Einmündung des Billbachs zurück kämpften. Unterwegs liefen wir durch ein Äschen- und Forellenfeld, ich kann es nicht anders sagen. Obwohl ich auf dem Hinweg diese Stelle, in meinen Augen auch mit recht sauberer Präsentation ohne Erfolg befischt hatte, tummelten sich hier die Fische in ca 30cm tiefem Wasser und liessen sich kaum durch unsere Anwesenheit stören. Zwei wirklich große Äschen standen weniger als einen halben Meter von uns entfernt und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Die Stelle im Hinterkopf als interessant markiert, ging es trotzdem weiter, wie gesagt mussten wir uns vor den Indianern in Sicherheit bringen. Jetzt also flussabwärts fischen, nicht immer einfach mit der Trockenen – ich hatte bis Dato noch keine Nymphe aufgeknüpft.

Stephen war nach kurzer gemeinsamer Pause schon wieder weg, ich fing überraschend zwei kleinere Forellen auf einen Palmer und tastete mich am Ufer vor. Die Mud bekam ein etwas anderes Gesicht, sie wurde breiter und vor allem tiefer. Nach kurzer Beobachtung machte ich zwei höchst interessante Fische am gegenüberliegenden Ufer aus, die Mud lief hier jedoch schon in einer Art Senke mit ca 1,5 Meter steilem Abhang, der nicht ganz einfach und nur an ganz wenigen Stellen abzusteigen war. Im Wasser angekommen, hatte man maximal einen halben Meter Raum nach vorn zur Verfügung um auf dem Untergrund Halt zu finden, danach wurde es einfach zu tief. Ein Riesenplatscher auf der gegenüberliegenden Seite, ca 10 Meter entfernt, lies erkennen das hier ein Fisch anderen Kalibers stand. Schon mein erster Wurf mit dem Palmer brachte Erfolg, der Fisch attackierte sehr aggressiv meine Fliege, ich sah den Körper, schwarz und rot, vielleicht eine kapitale Regenbogenforelle, teilweise aus dem Wasser spritzen. Ein sofortiger Anhieb zeigte jedoch null Widerstand. Der nächste Wurf wurde ebenso attackiert, diesmal hatte ich das Tier jedoch am Haken. Und an dieser Stelle zeigte sich wieder meine Unsicherheit, mit einem großem Fisch umzugehen. Drillte ich an der Murg zu vehement meinen bis dahin größten Fisch, liess ich diesen hier zu sehr gewähren. Nach ca sechs Sekunden Kampf gab ich dem Fisch etwas zu viel Schnur, er schlitzte aus und das Spektakel war vorbei. Das ist die reine Resignation vor dem großen Fisch, ich war und bin einfach noch nicht in der Lage den Drill für mich zu entscheiden. Tatsächlich war das nicht die letzte Aktion an dieser Stelle, Stephen kam eine Weile später dazu und staunte auch über die weiterhin aktive Forelle am gegenüberliegenden Ufer. Gut, könnte natürlich auch ein anderer Fisch gewesen sein der mich – und später auch Stephen – an der Nase herumführte, aber ich hatte wenige Minuten nach diesem kurzen Fight noch sicher fünf Attacken auf die gewechselte Fliege, die alle im Nichts verhallten. Ein paar Meter flussabwärts fing ich eine halbe Stunde später noch eine schöne Bachforelle, aber der Großen war einfach nicht mehr beizukommen. Eine typische Fliegenfischer-Situation übrigens, solch ein Fisch kann einen schonmal eineinhalb Stunden beschäftigen, ohne dass man bemerkt wie die Zeit verstreicht. Da wird die Fliege gewechselt, beobachtet, die Methode umgestellt und am Ende überlässt man dem Fisch resigniert sein Reich.

Mittlerweile war es fast 15 Uhr, wir entschlossen uns so langsam wieder in den Billbach zurückzukehren. Stephen zog schon flussaufwärts den Billbach hoch, ich ging nochmal an der Mud entlang, um vielleicht eine Äsche an besagter Stelle zu überlisten. Nach 5 Minuten Fußmarsch angekommen, standen die Fische immer noch einträchtig vereint an exakt dem Platz wie zuvor. Zwei große Äschen konnte ich ausmachen, ein paar Kleinere plus mehrere Bachforellen, die immer mal wieder zur Äschenfamilie aufschlossen und sich dann sofort Richtung Uferzone bewegten. Von dort schwammen sie gemächlich flussaufwärts um nach ca einer Minute wieder zu den Äschen zurückzukehren. Die Äschen blieben einigermaßen regungslos am Platz, keine 4 Meter von mir entfernt. Sie registrierten mich auf jeden Fall, denn zu Beginn meiner Anwesenheit verlagerten sie ihren Aufenthalt ungefähr ein Meter nach vorn, sie waren aber total relaxt und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Der erste Wurf brachte gleich einen Fisch, eine schöne Bachforelle attackierte die Fliege, die Äschenfamilie schoss auseinander, nach kurzem Drill hielt sich die überlistete Bachforelle noch reglos für sicher eine Minute direkt neben meinen Füßen auf. Seltsamerweise fügten sich die Äschen wieder in ihren Standplatz ein, als sei nichts geschehen. Das Schauspiel wiederholte sich noch einmal, ich fing sofort mit dem nächsten Wurf noch eine schöne Forelle die trotz Rambazamba die Äschen nicht zur Abkehr bewegte. Ich probierte einiges aus, ein paar Puppenmuster, Copper Johns in verschiedenen Farben, kleinere Nymphenmuster, Emerger…vermutlich war der Grund für den relaxten Zustand der Äschen der nichtvorhandene Appetit. So liess ich sie in Ruhe und zog mich auch in den Billbach zurück, fing dort noch einen dickköpfigen Döbel auf eine kleine Sedge und beendete schließlich mit Stephen gegen halb sechs die Fischerei in Amorbach.

Auch wenn ich nicht der 100%ige Freund der Indianerfischerei bin, so war es doch ein spannender und abwechslungsreicher Trip in den Odenwald. Diese Strecke werde ich sicher nächstes Jahr noch einmal aufsuchen, für einen Tag bietet Billbach und Mud sehr viel Fisch und viele interessante Stellen.

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